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Einweihung der Schutz- und Wanderhütte in Dorfprozelten

16.06.2021
Dorfprozelten hat eine neue Schutzhütte.

„Ein Juwel im Wald”, freute sich Elisabeth Steger, Bürgermeisterin der Gemeinde Dorfprozelten. 
Am 14.6. trafen sich die Akteurinnen und Akteure an der Wanderhütte „Sandplatte” zur offiziellen Einweihung der fünf neuen Schutz- und Infohütten im Landkreis Miltenberg. Großen Dank sprachen die Anwesenden Dorfprozeltens zweitem Bürgermeister Albert Steffl aus. „Der hat hier sehr viel Energie und Engagement reingesteckt”, so Julian Bruhn, Projektleiter vom Naturpark Spessart e.V.

Innovativ: Barrierefreie Wanderhütte

Dank Steffl und Steger können auch Rollstuhlfahrende die Hütte nutzen. Eine Rampe führt über den kleinen Graben in die Hütte, innen: ein rollstuhlgerechter Boden aus Lärchendielen.

Steger: „Wir kennen Leute, die im Rollstuhl sitzen und motorisierte Rollstühle nutzen. Auch die sollen Zugang haben.” Dies sei eine freie Entscheidung der Kommune gewesen. „Wir wollten niemanden ausschließen."

Dank des großen Vorplatzes ist das Sitzen in corona-konformen Abständen möglich. Steffl: „Wir hatten an dieser Stelle Kronenholz von Käferfichten liegen. Ich habe angeregt, das gleich zu häckseln und so den Vorplatz zu schaffen.”

Standortwahl – Natur, Kultur und Wanderlust

Steffl war auch maßgeblich bei der Auswahl des Standorts beteiligt. Die Hütte sollte nicht nur optisch her passen, sondern auch eine Brücke zur umliegenden Natur und Kultur schlagen. Steffl, der auch ehrenamtlicher Naturparkführer ist, erklärt: „Wir haben nebenan einen Biotopbaum, nicht weit von hier den höchsten Baum Bayerns und die Kriegergedächniskapelle.”

Auch die Anbindung an das Wanderwegenetz war ein Kriterium für diesen Standort. „Von hier kommt man immer weiter”, so Steffl: Die Wanderwege D1, D2, Fränkischer Marienweg treffen sich hier, der Eselsweg ist nicht weit.

Auch für Einheimische soll diese Hütte Treff- und Anlaufpunkt sein. Steffl: „Diese Hütte ist ein Lichtblick. Jedes Mal, wenn ich hier rauffahre, denke ich: es gibt nichts Schöneres.” Das Hüttenbuch zeugt davon, dass die Hütte bereits gerne genutzt wird.

EU-Förderprojekt finanziert den Großteil der Kosten

„Eine einfache Schutzhütte – man glaubt gar nicht, wie aufwendig so was sein kann”, meint Bruhn. Fast zehn Jahre Planung seien nötig gewesen um die insgesamt 23 neuen Hütten zu etablieren. Fünf davon stehen nun im Landkreis Miltenberg. Neben Dorfprozelten und Kleinwallstadt auch in Sulzbach a. Main, Großheubach und in Mömlingen. 

Für die beiden LAGn war stellvertretend der Geschäftsführer Philipp Wollbeck gekommen. Er lobt das Schutzhüttenprojekt des Naturpark Spessart und hebt auch den Ideenwettbewerb an Zimmererschulen hervor; mit dem Entwurf von Zimmererschüler:innen wurde die Pilothütte gebaut. Wollbeck: „Ein super Prozess, dass man das über die Jugend gemacht hat.“

Er sei gerade aus dem Allgäu zurückgekommen. „Das Wetter war nicht perfekt und wir dachten uns oft‚ ‚wenn wir jetzt so eine Hütte hätten… "und haben uns dort eine Hütte wie diese hier gewünscht.” Auch die Beschilderungen seien im Allgäu nicht so gut wie im Spessart. „Wir haben uns mehrfach verlaufen – dabei habe ich Geografie studiert.”  

Im Spessart gibt es zwei LAGs: Die LAG Main4eck und die LAG Spessart. Dadurch habe man statt der üblichen 60 sogar 70 Prozent Förderung von der EU erhalten, so Wollbeck; insgesamt 261.000 Euro. „Wenn man mal wieder als Gemeinde nachdenkt, ob man Mitglied der LAG bleiben soll, würde ich sagen: ja, es lohnt sich.”

Im Gemeinderat Dorfprozelten sei mancher zuerst kritisch gewesen. „Brauchen wir eine Hütte, wurde da gefragt”, so der zweite Bürgermeister und schmunzelt, „aber was braucht man schon im Leben.”

Günther Oettinger, Altbürgermeister und stellvertretender Landrat vom Landkreis Miltenberg meint, der Restbetrag für die Hütten sei wirklich überschaubar, „wenn man sich die Haushalte mal anschaut.” Und hier habe man was Handfestes. „Wann hat man das schon mal, als Bürgermeister?”

Für Wandernde sei die Hütte ein Segen, und durch die robuste Konstruktion mit Douglasienverschalung für die mittlere Ewigkeit gebaut.

Thomas Köhler, Bürgermeister von Kleinwallstadt lobt das optimal durchgeplante Projekt und auch die hervorragende Umsetzung durch die Zimmerei Herchet aus Flörsbachtal. „Ich weiß, wovon ich rede”, so Köhler „mein Sohn ist auch Zimmermann.”

Ralph Herchet, Chef des Aufbauteams ist zur Einweihung schon ein weinendes Auge anzumerken. „Er bringt sich mit viel Liebe zum Detail und bester Qualität in der Umsetzung ein“, berichtet Projektleiter Bruhn. „Er legt sogar noch die Regenrinnen kostenlos oben drauf, da die zunächst nicht vorgesehen waren.“

Kooperationspartner – „ohne die läuft nix”

„Ohne Bauhof läuft nichts”, so Julian Bruhn und dankte den „Helden in orange” vom örtlichen Bauhof, die sich um die Instandhaltung der Hütte kümmern werden. „Unsere Naturpark-Rangerin Victoria Schuler könnte den Unterhalt der Schutzhütten alleine nicht stemmen.”

Ohne die gute Zusammenarbeit mit den Kommunen, habe der Naturpark Spessart keine Chance ein großes Projekt wie dieses zu stemmen. Auch der Spessartbund sei, wenn es um die Wanderinfrastruktur geht, ein unverzichtbarer Kooperationspartner des Naturparks.

Die letzte der 23 Schutzhütten wird in den nächsten Tagen in Waldaschaff gestellt. Das Schutzhüttenprojekt – das größte LEADER-Projekt der vergangenen sieben Jahre zur Förderung des ländlichen Raums - wird damit beendet sein. Und der Naturpark-Spessart plant schon das nächste, nämlich bequeme Picknickbänke mit Solarladestation, Kühlbox und WLAN. Mal sehn, ob das auch über eine LEADER-Förderung möglich wird…

Infobox: Saustall

Eine weitere der fünf Schutzhütten im Landkreis Miltenberg steht in Großheubach am Standort „Saustall”. Dieser Standort hat eine kulturell-historische Bedeutung, denn hier ist noch der Saustall aus den Zeiten vor den 1930er Jahren zu sehen. Früher hatten viele Haushalte ein Schwein zur Selbstversorgung. Um die Tiere im Sommer zu betreuen und zur Mast in den Wald zu führen hatte jedes Dorf einen Schweinehirten. „Oft der ärmste Kerl im Dorf,” so Günter Oettinger.

In jedem Wald gab es einen Saustall, oft an der Gemarkungsgrenze gelegen. „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt”, so Oettinger. Dieser Pferch wurde aus Steinplatten vom heimischen Steinbruch, sogenannte Stellsteinen, gebaut. Der Schweinehirte hatte eine Hütte bei den Tiere. Tagsüber führte er die Tiere in den Wald, wo sie Eichen und Bucheckern fraßen. Überschritt er dabei mit den Tieren die Gemarkungsgrenze wurde er oft verprügelt. Heute zeugen noch alte Stellsteine, wie an der Schutzhütte in Großheubach von der Schweinemast im Wald. Auch Straßen, die bis heute „Am Trieb” heißen, zeugen von dieser Zeit. Die Tradition der Schweinehirten und Sauställe starb mit wachsendem Wohlstand und mit der Verfügbarkeit von anderem Futter. Heute wird Fleisch von Schweinen aus natürlicher Eichelmast teuer importiert und gilt als Delikatesse.

Text: Julian Bruhn / Naturpark Spessart e.V.
Bild: Jennifer Weidle / Naturpark Spessart e.V.

v.L.n.R. Vor der neuen Schutzhütte „Sandplatte“ stehen Victoria Schuler, Naturpark-Rangerin; Julian Bruhn, Projektleiter Naturpark Spessart e.V.; Ralph Herchet, Geschäftsführer Zimmerei Herchet; Thomas Köhler, 1. Bürgermeister Markt Kleinwallstadt; Albert Steffl, 2. Bürgermeister Dorfprozelten; Elisabeth Steger 1. Bürgermeisterin Dorfprozelten; Philipp Wollbeck, Geschäftsführer LAG Main4Eck; Günther Öttinger, Stellv. Landrat Miltenberg. (Die Masken wurden für das Pressefoto kurz abgenommen)

 

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